Wie sich die Dinge ändern

Die Achterbahnfahrt zwischen sich lieben und ich wollte das Alles gar nicht. Wenn aus Verlangen Abhängigkeit wird.
Herz in Neonlicht

Folgend werden die persönlichen Erfahrungen und Meinungen unserer Autorin Wanderhexe wiedergegeben...

Wenn man über lange Zeit befreundet ist, glaubt man sich doch einigermaßen zu kennen. Dennoch überraschte mich meine sonst eigentlich so gute Menschenkenntnis, als sich eines meiner Paare im Freundschaftskreis plötzlich trennten.

Wir waren auf dem Weg zu ihnen, nichts ahnend, als sie mir noch eine Nachricht schrieb. Aber kein Wort über Trennung. Kaum angekommen, hieß es mitten in der Begrüßung von ihr, ach ja und wir haben uns getrennt und ich bin jetzt mit seinem Bruder liiert. Eigentlich bin ich nicht so schnell zu beeindrucken und tatsächlich war es eher die Art und Weise, wie sie es sagte, nicht das sie es sagte, die mich kurz zwang mich zu sortieren. Mein Mann war dafür sofort überfordert mit der Situation. Wir wurden getrennt. Mein Mann wurde ins Erdgeschoss geschoben um ein Männergespräch zu führen, während ich, seine nach Hilfesuchenden Blicke ignorierend ins Dachgeschoss gezogen wurde. So hatten wir uns sicher beide nicht unseren gemeinsamen Abend vorgestellt. 

Auf der Heimfahrt schwiegen wir ungewöhnlich lange. Die beiden waren seit 18 Jahren das vorzeige D/s Paar und nun sollte das alles vorbei sein. Gefühle ändern sich, das wissen wir alle und manchmal reicht es eben nicht für immer. Aber das war irgendwie anders. Sie war immer der devote Teil, er und ich waren nie Freunde, da er eine Art Konkurrenzdenken hatte, mit dem ich nicht einherging. Sie war das Zahnrad das alles zusammenhielt die Firma ihres Mannes (sie waren jedoch nie verheiratet), die Kinder, den Haushalt und ihren eigenen Job. Ich dachte immer, irgendwann wird sie an Bournout leiden. Und jetzt ein Jahr später, ist alles anders. Ich weiß noch wie mein Mann sagte, sie kommen wieder zusammen und ich dachte, bitte nicht. Ich hatte meiner Freundin immer ein selbstbestimmtes Leben gewünscht. Aber so? Sie hatte alles hinter sich gelassen, Ihre Heimat, Ihre Kinder, Ihre Freunde. Lebte in der Ferne mit diesem besagten neuen Mann und ist in eine größere emotionale Abhängigkeit gefallen als zuvor, während ihr Exmann das Familienleben besser kennengelernt und auch schätzen gelernt hat. Worauf ich aber eigentlich hinaus will ist, was sind wir bereit zu tun für die Menschen die wir lieben. Was ich mich nämlich an diesem Abend nicht das erste Mal gefragt habe, war ob sie sich lieben. Aber da meine innere Stimme die Wiedervereinigung sofort ablehnte, habe ich wohl nie wirklich an Liebe geglaubt.
 
Gelbes Stethoskop mit einem roten Herz
Dazu muss natürlich auch gesagt sein, dass meine Auffassung von Liebe nicht die sein muss, die jemand anderes vertritt. Aus meiner Sicht hat die Beziehung der beiden funktioniert, weil sie gute Geschäftspartner in der Firma Leben waren. Sie wussten sich bestens miteinander zu organisieren. Allerdings auch in einem recht einseitigen Maß, dass ich selbst für nicht sonderlich gesund hielt. Aber was weiß ich schon, selbst war ich lange genug in einer Beziehung die sehr einseitig war, weil ich glaubte das Beziehungen so sind, weil ich glaubte das immer einer mehr geben muss als der andere. Es war nie, dass ich nicht selbstbewusst oder selbstbestimmt gewesen war. Dennoch habe ich nicht wenig Lehrgeld bezahlt und weiß jetzt auch was mir in diesem Leben nicht mehr passieren würde. Ich habe gelernt, konnte immer schon gut mit mir allein sein und habe dennoch weiterhin an das Konzept der Liebe geglaubt, an die echte und ehrliche Variante, nicht an die selbstzerstörerische, aufopferungsvolle Variante. Was für mich allerdings schon immer völlig fremd war, ist dieses von einem Partner zum Nächsten. Ohne Pause zum Verarbeiten, sich selbst finden, klarwerden. Doch so tat es meine Freundin und nach all der Zeit wird klar, nicht aus ganz freien Stücken. So sehr sie jetzt auch ihren Exmann hasst, so sehr ist sie wieder gefangen in der neuen Beziehung, die der alten entsprang und durch den neuen Partner lange genug beeinflusst werden konnte, da er ja im Prinzip auch schon Teil der Familie war. Durch ihre devote Ader schon immer leicht zu lenken, fand sich einfach nur ein neuer Mitspieler, der durch genug Hintergrundwissen die richtigen Strippen zog. Anders als vorher, wo vieles durch Gewohnheit und Alltag schon automatisiert und viel zu selbstverständlich war, kam jetzt jemand der genau auf diese Dinge zeigte, Selbstbewusstsein forderte in genau den gut zurecht gelegten Rahmen, die er brauchte, um dann geschickt eine andere Art der Unterwürfigkeit zu kreieren.



So vielfältig unsere Spielarten auch sein mögen, so schnell wird aus Verlangen Abhängigkeit. Wie bei allem macht es auch hier das Maß. Ich wurde von den Beiden oft gefragt, warum ich nicht auch einen Partner habe der Masochist ist, der „besser zu mir passt“ und mit dem ich alle meine Neigungen ausleben kann. Die Antwort ist für mich recht einfach, auch wenn sie für andere kompliziert klingen mag. Das s In D/s wird immer kleingeschrieben, um eine Position in einem Fetisch verstärkt anzuzeigen, aber sollte es nicht trotzdem ein Zusammensein auf Augenhöhe sein? Das D funktioniert nicht ohne das S. Wir sind in einer lustvollen Abhängigkeit mit einander untrennbar verbunden. Ich möchte nicht in Versuchung kommen, ist somit meine Antwort auf die Frage. Eine Versuchung die mich zu etwas machen würde, was ich nicht sein möchte. Denn es ist ein Leichtes, eine Person die dich wirklich liebt, zu etwas zu bringen, dass hauptsächlich einem selbst gefällt und guttut. Es ist ein schmaler Grad in den emotionalen Missbrauch. Ich habe Menschen die meinen Fetisch teilen und ich habe Menschen die ich liebe, die ich liebe, weil ich sie nicht brauche, um irgendetwas auszuleben, zu kompensieren oder mich selbst zu verwirklichen, die ich liebe, um ihrer Selbst willen. Es geht um Erfüllung für beide Seiten und nicht um Besitz im Beziehungsleben. Es gibt genug Beziehungsformen und Möglichkeiten und das ist eben mein Model, weil es für mich und die Menschen die mit mir, wie auch immer, verbunden sind, funktioniert. Wir sind nicht Herr unserer Gefühle, auch wenn wir gern versuchen uns das einzureden. Wir tun Dinge aus emotionalen Schüben heraus, aus Lust, aus Verlangen, aus Liebe oder für dieses kurze Hoch der Anerkennung. Also gehe ich diesen Weg, wie ein Flussdelta das sich ins Meer verteilt, mal durch die eine oder andere Verzweigung und dennoch an mein Ziel. Denn was ist schlimmer, als von einem Menschen den du liebst und der dich ebenso liebt, zu hören, ich habe das Alles nicht gewollt, ich habe es nur dir zu Liebe getan.

Die Autorin Wanderhexe
Autor*in: Wanderhexe

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